Angela Merkel im Bundesrat Rückenwind aus den Ländern

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Mit breiter Unterstützung reagierten die Länder auf die Pläne der Bundesregierung zur deutschen EU-Ratspräsidentschaft: Bundeskanzlerin Angela Merkel stellte ihr Programm am 3. Juli 2020 im Bundesrat vor.

"Sie sind ein seltener, aber sehr gern gesehener Gast" - mit diesem Worten begrüßte Bundesratspräsident Dietmar Woidke die Kanzlerin in der Länderkammer. Wie bei ihrem letzten Besuch vor 13 Jahren ging es um die Ausgestaltung der deutschen Präsidentschaft im Rat der Europäischen Union. In der Sitzungseröffnung verwies Woidke auf den Willen und die Möglichkeiten der Länder, sich in Europa einzubringen. "Uns ist es wichtig, Europa mitzugestalten. Auch wir wollen Europa wieder stark machen", versicherte er der Bundeskanzlerin. "Sie … haben mit dem Bundesrat … einen starken Partner und einen eigenständigen Akteur an Ihrer Seite."

Europa nachhaltig aus der Krise führen

Zu Beginn ihrer Rede nahm die Bundeskanzlerin Bezug auf ihren letzten Besuch im Bundesrat. Seit 2007 habe Europa viele Krisen und Herausforderungen durchlebt. Dazu gehörten etwa die Finanz- und Staatsschuldenkrise ab 2008 und die großen Flüchtlingsbewegungen ab 2015. Europa habe diese Herausforderungen bestehen können, weil die Mitgliedstaaten, die Länder und Regionen, aber vor allem die Bürger in entscheidenden Momenten zusammengehalten hätten.

Merkel hob hervor, dass es in Zukunft in Europa noch mehr auf den Zusammenhalt ankomme. Die Coronakrise habe die Verletzlichkeit des europäischen Projekts offenbart, etwa beim Prinzip der offenen Grenzen und beim Binnenmarkt.

Ähnlich wie in Europa sei der Föderalismus in Deutschland gekennzeichnet durch das Zusammenspiel von regionalen Erfahrungen und das Einbringen von unterschiedlichen Anliegen in die Debatte für das ganze Land, sagte Merkel. Dies könne „sehr anstrengend und mühsam“, sowohl zwischen Bund und Ländern als auch unter den Ländern sein. „Gleichwohl bin ich zutiefst überzeugt, dass gerade diese regionale Vielfalt in der föderalen Einheit ein entscheidender, wenn nicht sogar der entscheidende Grund dafür ist, warum unser Land immer wieder auch größte Herausforderungen erfolgreich besteht.“

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Bundeskanzlerin Angela Merkel

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Die Bundeskanzlerin dankte den Ländern für ihren Beitrag zur Bewältigung der Corona-Pandemie. Sie dankte auch für die Solidarität mit den europäischen Nachbarn, indem etwa die Länder Patienten von dort in ihren Krankenhäusern behandelten. „Diese Zeichen der Mitmenschlichkeit zeigen, was wir bewirken können, wenn Europa zusammenhält.“

Um Europa wieder stark zu machen, solle die Wirtschaft unterstützt und ihre Zukunftsfähigkeit gefördert werden. Dabei müsse man sich „vergegenwärtigen, dass unsere Art zu wirtschaften, zu arbeiten und zusammenzuleben durch den Klimawandel und die Digitalisierung einem grundsätzlichen Wandel unterliegt“, so Merkel.

Die Bundeskanzlerin stellte in ihrer Rede Finanzinstrumente zur Krisenbewältigung vor und ging auf Vorschläge zur Umsetzung des europäischen Green Deals und die Förderung der Digitalisierung ein. Sie plädierte für eine verantwortliche Rolle Europas in der Welt und stellte Schwerpunkte der Außenpolitik in Afrika und China vor.

Gemeinsam für Europa

Im Anschluss an die Rede ergriffen die Bundesratsmitglieder das Wort. Sie sicherten der Bundeskanzlerin auf breiter Linie Unterstützung für das Programm der Bundesregierung zu und betonten anhand zahlreicher Beispiele die Bedeutung des europäischen Zusammenhalts.

 Foto: Angela Merkel und Volker Bouffier

Ministerpräsident des Landes Hessen Volker Bouffier am Rednerpult

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Der Hessische Ministerpräsident Volker Bouffier ging auf die starke Stellung der Länder in Europa ein und unterstrich das Prinzip der Subsidiarität. Dieses sei essenziell für die Akzeptanz der EU. Außerdem dürfe Europa nicht nur als Wirtschaftsgemeinschaft verstanden werden, sondern auch als Wertegemeinschaft. Deren Fundament sei die Rechtsstaatlichkeit. „Wer nach außen diese Werte vertreten will, muss sie auch im Inneren leben.“

 Foto: Stephan Weil

Stephan Weil

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Stephan Weil, Ministerpräsident von Niedersachen, bezeichnete die Gesundung der Wirtschaft als zentrale Aufgabe der Ratspräsidentschaft. Die Unterstützung besonders betroffener Staaten sei der Beweis von Solidarität und auch das legitime Handeln im eigenen Interesse. „Es kann keine gesunde deutsche Wirtschaft in einem kranken Europa geben.“ Weil hob zudem die außenpolitische, globale Bedeutung der EU hervor. Die Gemeinschaft könne ein Flaggschiff einer Weltordnung sein, in der Staaten auf Basis fairerer Regeln miteinander kooperieren.

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Reiner Haseloff

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Auf Deutschlands Funktion als Brückenbauer zwischen Ost und West verwies der Ministerpräsident Sachsen-Anhalts, Rainer Haseloff. „Die Stabilität in der EU ist in den letzten Jahren aus unterschiedlichen Gründen fragiler geworden. Und das in Zeiten, in denen ein enger, vertrauensvoller Zusammenhalt so wichtig wäre.“ Diesen wiederherzustellen sei eine der größten Herausforderungen der deutschen Ratspräsidentschaft. Haseloff appellierte, bestehende Konflikte konstruktiv und verständnisvoll zu lösen. „Mit der Androhung von Strafmaßnahmen und Sanktionen fördert man EU-skeptische Einstellungen vielleicht auch dort, wo sie noch nicht stark sind.“

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Manuela Schwesig

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Die Ministerpräsidentin Mecklenburg-Vorpommerns, Manuela Schwesig, nahm Bezug zum Jubiläum 30 Jahre Deutsche Einheit, das in die Zeit der Ratspräsidentschaft fällt: Ohne ein gemeinsames Europa wäre die Einheit nicht möglich gewesen. Schwesig stellte erfolgreiche europäische Projekte aus ihrem Bundesland vor, warnte aber auch vor Überregulierungen, die die Menschen nicht mehr verstehen könnten.

 Foto: Winfried Kretschmann

Winfried Kretschmann

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Winfried Kretschmann betonte den großen Konsens im Bundesrat bei europapolitischen Fragen. Dies sei Rückenwind für die Verhandlungen der Bundesregierung. Der Ministerpräsident Baden-Württembergs lobte die Bundeskanzlerin für den deutsch-französischen Vorstoß für ein EU-Hilfspaket, den sie gemeinsam mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron vorgestellt hatte. Ziel der Ratspräsidentschaft müsse sein, den Green Deal voranzutreiben. Er appellierte an die Kanzlerin: „Machen Sie die deutsche Präsidentschaft auch zu einer Klimapräsidentschaft.“

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Armin Laschet

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"Mehr europäischen Gemeinsinn zu schaffen" sei die Aufgabe der deutschen Ratspräsidentschaft, sagte NRW-Ministerpräsident Armin Laschet. Er kritisierte die Grenzschließungen in der EU zu Beginn der Corona-Krise. Eine grenzüberschreitende Zusammenarbeit werde die Herausforderung sein, sollte eine zweite oder dritte Welle der Pandemie kommen. Laschet warnte ebenfalls vor Zentralismus und verwies auf die Effizienz regionaler Maßnahmen bei der Bekämpfung der Corona-Pandemie.

Stand 03.07.2020

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