Zwei Tage nach der Übernahme des EU-Ratsvorsitzes durch Deutschland nimmt Bundeskanzlerin Angela Merkel an der letzten Sitzung des Bundesrates vor der parlamentarischen Sommerpause teil. Gleich zu Beginn der Sitzung, zu TOP 1, „beabsichtigt“ die Kanzlerin „anlässlich der deutschen EU-Ratspräsidentschaft im zweiten Halbjahr 2020 eine Erklärung abzugeben“, heißt es in der Erläuterung zur Tagesordnung.
Es wird erwartet, dass die Bundeskanzlerin dabei auch auf die Kooperation mit den Bundesländern im Rahmen der Ratspräsidentschaft eingeht. Zwar arbeiten im Rat der Europäischen Union die Exekutiven der Mitgliedsländer zusammen, doch hat die Präsidentschaft auch eine Parlamentarische Dimension. In dieser setzen sich die Parlamente der EU mit Themen der Ratspräsidentschaft auseinander und entwickeln eigenständig und unabhängig politische Vorschläge.

Blick auf die Regierungsbank im Bundesrat (20. Dezember 2019)
© Bundesrat | Frank Bräuer
Dass Mitglieder der Bundesregierung im Bundesrat sprechen, ist durchaus üblich. Anders als Bundestagsabgeordnete haben sie in der Länderkammer Rederecht. In der Regel stellen sie Gesetze der Bundesregierung vor und nehmen zu Vorschlägen aus den Ländern Stellung. Dies ist in fast jeder Sitzung der Fall. Welche Ministerin, welcher Minister kommt, hängt vom Thema der Vorlagen ab.
Ratspräsidentschaft 2007
Die Bundeskanzlerin ergreift jedoch eher selten im Bundesrat das Wort. Ihr letzter Besuch liegt 13 Jahre zurück. Damals, am 16. Februar 2007, sprach sie ebenfalls zur EU-Ratspräsidentschaft, die Deutschland von Januar bis Juni des Jahres inne hatte.

Bundeskanzlerin Merkel spricht zur EU Ratspräsidentschaft (16. Februar 2007)
© Bundesrat
Welche Resonanz die Rede der Kanzlerin im Bundesrat hatte, lässt sich auch aus den Wortbeiträgen erkennen, die auf Merkels Erklärung folgten. Der damalige hessische Ministerpräsident Roland Koch fasste es so zusammen: „Wenn sieben Wortmeldungen, sechs davon von Ministerpräsidenten, zu einem Thema vorliegen, zeigt dies, dass dieses Thema für den Bundesrat offensichtlich große Bedeutung hat. Bei dem Thema Europa sind die politischen Unterschiede Gott sei Dank längst nicht so groß wie in vielen anderen Fragen, mit denen wir uns hier beschäftigen“.
Auch am kommenden Freitag wird im Anschluss an die Erklärung der Kanzlerin mit Redebeiträgen aus der Mitgliedschaft des Bundesrates gerechnet. In der Redeliste zur Plenarsitzung steht, wer das Wort ergreifen wird. Sie erscheint am Donnerstagnachmittag.
Antrittsbesuch 2005

Angela Merkel erläutert ihr Regierungsprogramm (21. Dezember 2005)
© Bundesrat
Merkels erster Besuch im Bundesrat als Bundeskanzlerin fand am 21. Dezember 2005 statt – fast genau einen Monat, nachdem sie in diesem Amt vereidigt wurde. Sie folgte damit der Tradition, dass neu gewählte Bundeskanzler im Bundesrat ihr Regierungsprogramm erläutern.
Die Bundeskanzlerin ging auf zehn konkrete Themen ihrer Regierungsarbeit ein und hob gleich zu Beginn die Bedeutung der Zusammenarbeit von Bund und Ländern hervor: „ [Wir brauchen] praxisgerechte Lösungen der Länder und Kommunen, die näher an den Problemen der Menschen sind. Dafür brauchen wir aber auch Sicherheit und Kontinuität, Regeln für den Interessenausgleich und Solidarität mit den Schwächeren. So verstanden bedeutet der Föderalismus auch im 21. Jahrhundert einen Vorteil für Deutschland, keineswegs einen Hemmschuh, wie manche es uns immer wieder glauben machen wollen“.
Liveübertragung aus dem Plenarsaal
Am Freitag wird die Rede der Kanzlerin ab 9:30 Uhr auf www.bundesrat.de, in der Bundesrat-APP und über den Twitter-Kanal @bundesrat live übertragen.
Anschließend stehen die Redevideos in der Bundesrat-Mediathek zum Ansehen und Herunterladen zur Verfügung. (Presse-)Fotos der Sitzung lassen sich im Bereich Presse am Sitzungstag zeitnah abrufen.