Geschichte Die erste Sitzung des Bundesrates

Foto: Blick in den Plenarsaal des Bundesrates während der 1. Sitzung am 7. September 1949

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Als am 7. September 1949, um 11.12 Uhr die Klänge einer Orchestersuite von Johann Sebastian Bach die erste Sitzung des Bundesrates einleiteten, begann ein neuer Abschnitt föderativen deutschen Verfassungslebens.

In feierlicher Atmosphäre eröffnete der Alterspräsident des Bundesrates Johannes Büll (Hamburg) die Sitzung mit folgenden Worten:

"Eure Exzellenzen, Herrn Hohe Kommissare, Herren Vertreter der ausländischen Mächte, verehrte Gäste! Meine Herren Mitglieder des Bundesrates! Die erste Sitzung soll unter den wundervollen Worten Schillers stehen: 'Das vollkommenste Kunstwerk ist der Bau der politischen Freiheit'".

Präsidentenwahl mit Weitblick

Nachdem Büll die beiden jüngsten Mitglieder des Bundesrates zu Schriftführen ernannt hatte, begann die Wahl des ersten Bundesratspräsidenten. Abgestimmt wurde - wie auch heute noch bei den Wahlen üblich - nach Länderaufruf.

Blick auf das Präsidium

Präsidium in der 1. Bundesratssitzung | Minister Albertz (l.), Präsident Dr. h c. Arnold (m.), Schriftführer Minister Dr. Stein (r)

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Mit elf Ja-Stimmen und einer Enthaltung sprachen sich die Ländervertreter für den Nordrhein-Westfälischen Ministerpräsidenten Karl Arnold aus. Der Wahlentscheidung gingen kontroverse Gespräche voraus. Sie mündeten später in der noch immer gültigen formalen Regel, wonach die Präsidenten des Bundesrates jährlich in einem festgelegten Turnus ohne Rücksicht auf ihre parteipolitische Zugehörigkeit in ihr Amt gewählt werden.

Länder als neue Machtfaktoren

In seiner Antrittsrede machte Arnold grundsätzliche Ausführungen über die Position und die Aufgaben des neuen Verfassungsorgans. Man habe in den Gremien des Verfassungskonvents von Herrenchiemsee und im Parlamentarischen Rat bei der Frage nach der Struktur des Bundesrates an der Macht der Länder nicht vorbeibauen können. "Die Länder, repräsentiert durch ihre Regierungen, sind im Rahmen der Deutschen Bundesrepublik Machtfaktoren, die nach der totalen Niederlage als erste wieder in Erscheinung traten." Dem Bundesrat komme nun die Rolle als Mittler zwischen dem Bund und Ländern zu, so Arnold.

Der Antrittsrede folgte die Wahl der Vizepräsidenten und bereits nach 40 Minuten und einer weiteren Bach-Suite endete die erste Sitzung des Bundesrates.

Föderaler Geist der ersten Stunden

Wenige Stunden später trat auch der Deutsche Bundestag erstmals in Bonn zusammen. Der Präsident des neuen Parlaments, Erich Köhler, erklärte bei der Eröffnung:

"Der Weg bis zu dieser Stunde von heute ist lang. Es begann mit der Bildung der Länder und führte über die Einrichtung der bizonalen Institutionen zur Bildung des Parlamentarischen Rates in Bonn. Die Herren Ministerpräsidenten haben die Vorbereitung von Bundesrat und Bundestag getroffen."

Der Geist des Föderalismus prägte die Aufbruchsstimmung der neuen Republik. Auch der neue Bundeskanzler versicherte wenige Tage später die Bereitschaft der Bundesregierung zur Zusammenarbeit unter Wahrung aller Rechte der Länder, die "peinlich beachtet" würden. Ein eigens geründetes Ministerium für Angelegenheiten des Bundesrates sollte dazu beitragen, "dass das Grundgesetz eine wahrhaft föderalistische Verfassungswirklichkeit erhält", so der erste Bundesratsminister Heinrich Hellwege. Wenn auch in der Folgezeit durch dieses Regierungsressort der Bundesrat und die Länder manche Hilfen und Erleichterungen erfahren durften, so sind doch einige Jahre später beim Wegfall des Ministeriums seitens des Bundesrats keine Einwendungen mehr erhoben worden. Im Jahr 1969 ging die Aufgabe, den Bundesrat über die Regierungsgeschäfte auf dem Laufenden zu halten, an das Bundeskanzleramt über.

Tagungsort - ein Provisorium auf Dauer

Tagungsort des Bundesrates blieb von der ersten Sitzung bis zum Umzug nach Berlin im Jahr 2000 die frühere Aula der Pädagogischen Akademie in Bonn, in der zuvor auch der Parlamentarische Rat einige Male zusammenkam.

Foto: Blick auf das Bundeshaus in Bonn

Ehemaliger Sitz des Bundesrates in Bonn

© Bundesrat

In Form und Ausstattung trug dieser Saal den Stempel eines Provisoriums. Trotz zusätzlicher Anbauten blieb die Situation mangelhaft. Die Sitzanordnung für die Mitglieder war ungünstig. Mängel bei Beleuchtung, Belüftung und Akustik des Raumes konnten erst im Jahre 1955 im Zuge eines gründlichen Umbaus verbessert werden. Außerdem fehlten in den Anfangsjahren Beratungszimmer für die Ausschüsse, so dass diese Sitzungen nicht selten in Hotels und Gaststätten der Stadt Bonn verlegt werden mussten.

Bewährtes Organ der Kompromissfindung

Die Tagesordnungen in den ersten Jahren waren weithin bestimmt durch Beschlüsse über Maßnahmen zur Bewältigung der unmittelbaren Nachkriegsnöte, vor allem im wirtschaftlichen Bereich (Preise, Eingliederung von Flüchtlingen, Probleme der Bewirtschaftung, Kriegsfolgelasten, Fragen des Wohnungsbaus usw.). Diese "Aufräumungsarbeiten" dienten dem eigentlichen Aufbau der Bundesrepublik Deutschland.

Mittlerweile hat der Bundesrat fast 1000 Sitzungen absolviert und blickt auf eine bewegte Geschichte zurück. Den Aufbaujahren folgten das Wirtschaftswunder, die Zeit des kalten Krieges, politische Turbulenzen Ende der 60er Jahre, die Europäische Integration und die Wiedervereinigung. Die Suche nach einem Interessenausgleich und die Fähigkeit zur Kompromissfindung prägten über den gesamten Zeitraum die politische Entwicklung in der Bundesrepublik. Besonders deutlich zeigt sich dies an der Stellung des Bundesrates. Als legislatives Organ der Landesregierungen auf Bundesebene hat er sich in der vom Grundgesetz übertragenen Rolle als Bindeglied zwischen Bund und Ländern bewährt. Er war und ist das zentrale Organ für die föderative Ausbalancierung gesamtstaatlicher Macht.

Bildergalerie Anfangsjahre im Bundesrat

Stand 07.09.2020

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