In der Debatte des Bundesrates bemängelte Hamburgs Gleichstellungssenatorin Jana Schiedek die gegenwärtige Situation in den Aufsichtsräten der deutschen Wirtschaft. Im Vergleich zu anderen Staaten sei der Frauenanteil in diesen Gremien beschämend gering. Einzelne Verbesserungen in letzter Zeit bildeten noch keinen Trend. "Meine Geduld und die Geduld vieler Frauen in unserem Land ist am Ende. Ohne verbindliche Regelung geht es nicht", so die Senatorin.
Initiative darf kein Lippenbekenntnis sein
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Länder fordern gesetzliche Frauenquote
© Bundesrat | Henning Schacht | 2012
Ähnlich sieht es auch Sachsen-Anhalts Ministerin für Gleichstellung, Angela Kolb. Ohne gesetzliche Quote sei die Geschlechtergerechtigkeit in den Führungsgremien der Wirtschaft nicht zu erreichen. Die Ministerin sieht darin jedoch nicht das alleinige Mittel für mehr Gleichberechtigung. Es brauche weitere Veränderungen in der Arbeitskultur und der Familienpolitik sowie ein bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie, forderte Kolb.
Befürchtungen, die Initiative des Bundesrates könnte keine Wirkung entfalten, äußerte Barbara Steffens. Die Ministerin für Emanzipation in Nordrhein-Westfalen verwies auf die Verantwortung des Bundestages, sich rasch mit dem Thema zu beschäftigen und die Beratungen nicht in die Länge zu ziehen. Erst wenn auch im Bundestag das Vorhaben eine Mehrheit findet, könne man von einem historischen Durchbruch bei den Frauenrechten sprechen.
Nach Ansicht der rheinland-pfälzischen Wirtschaftsministerin Eveline Lemke kann der Gesetzentwurf ein Anstoß für die Wirtschaft sein, etwas umzusetzen, was längst gesellschaftlich akzeptiert ist. Außerdem sei der Vorteil gemischtgeschlechtlicher Führungsgremien wissenschaftlich erwiesen. Angst vor mehr Verantwortung für Frauen sei absolut unberechtigt, resümierte Lemke.
Stufenmodell bis 2023
Die Gesetzesinitiative stammt aus der Feder des SPD-geführten Hamburger Senats und regelt auf fast 90 Seiten die "Förderung der gleichberechtigten Teilhabe von Frauen und Männern in Führungsgremien". Demnach müssen in Aufsichtsräten künftig beide Geschlechter mit mindestens 40 Prozent vertreten sein. Die Umsetzung erfolgt stufenweise. Bis zum 1. Januar 2018 liegt die Schwelle bei zunächst 20 Prozent, fünf Jahre später müssen 40 Prozent erreicht sein.
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Länder für gesetzliche Frauenquote
© panthermedia | Thorsten Kempe
Die Quote gilt für alle börsennotierten und mitbestimmten Unternehmen. Bei letzteren müssen Arbeitnehmer- und Arbeitgebervertreter die Vorgabe getrennt erfüllen. Ausnahmen sieht der Gesetzentwurf bei Unternehmen mit mehr als 90 Prozent Beschäftigten desselben Geschlechts vor. Eine Härtefallklausel gilt für Unternehmen, die sich "ernsthaft aber im Ergebnis erfolglos bemüht" haben, die Regelung zu erfüllen.
Steuernachteile bei Nichteinhaltung
Für Unternehmen, die sich nicht an die Quotenregelung halten, sieht der Gesetzentwurf konkrete Sanktionen vor. So dürfen die Vergütungen von Aufsichtsratsmitgliedern nicht bei der Körperschaftsteuer angerechnet werden. Außerdem gelten umfangreiche Berichtspflichten, die Einfluss auf die Wahrnehmung der Unternehmen in der Öffentlichkeit haben und damit sanktionierend wirken könnten.
Über die Einhaltung der Mindestquote soll das Bundesamt für Justiz wachen. Es erlässt einen Bescheid über die Einhaltung der Quote, der dann beim Finanzamt vorzulegen ist.
Bundestag ist am Zug
Im nächsten Schritt leitet der Bundesrat seinen Gesetzentwurf an die Bundesregierung weiter, die innerhalb von sechs Wochen dazu Stellungnehmen kann. Anschließend erreicht der Entwurf den Bundestag, der über den Fortgang des Verfahrens entscheidet.