Bilanzrede von Bundesratspräsident Daniel Günther am 11. Oktober 2019 Mut verbindet

- Es gilt das gesprochene Wort -

Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Kolleginnen und Kollegen!

Schleswig-Holsteins Bundesratspräsidentschaft endet;
die Ratspräsidentschaft von Brandenburg steht an.
Den Staffelstab habe ich symbolisch bereits an meinen Nachfolger Dietmar Woidke weitergereicht.

Dies ist meine letzte Sitzung als Bundesratspräsident.

Ich bin dankbar, dass ich dieses Amt in einem besonderen Jahr übernehmen durfte. Das Grundgesetz und damit der Bundesrat sind 70 Jahre alt geworden. Das Frauenwahlrecht 100 Jahre.
Der Mauerfall jährt sich zum 30. Mal. 

Es war ein Amtsjahr der besonderen Jubiläen. Und der Bundesrat hat dieses besondere Jahr genutzt, um seine Arbeit und Rolle selbstbewusst nach außen zu tragen. Mit vielen Aktionen und Veranstaltungen.

Dafür danke ich von Herzen allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Bundesrates. Sie haben sich für das Image des Bundesrates ins Zeug gelegt – und Sie haben mich wunderbar in meiner Amtsführung unterstützt:

Ihnen allen ein ganz herzliches Dankeschön!


Meine Damen und Herren,

es ist und bleibt wichtig, über die Arbeit des Bundesrates aufzuklären. Noch immer entspricht die öffentliche Wahrnehmung der Länderkammer nicht ihrer tatsächlichen Bedeutung.

Dass die Parlamente und die Länder im föderalen System Deutschlands die erste Geige spielen wird klarer, wenn man auf die Entstehung des Grundgesetzes zurückschaut.

Die Mütter und Väter des Grundgesetzes waren Landtagsabgeordnete. Unser Grundgesetz ist deshalb eine Verfassung der Landtage.

Die Wurzeln unserer Verfassung liegen in den Ländern. Deshalb ist es nicht überraschend, dass deren Perspektive den Inhalt des Grundgesetzes prägte.

Folgerichtig begrenzt der Bundesrat Zuständigkeiten und Macht des Bundestags und der Bundesregierung im Gesetzgebungsverfahren.

Wir können dabei aber gar nicht oft genug darauf aufmerksam machen, dass der Bundesrat keine Gesetzes-Bremse ist.

In den vergangenen zehn Jahren gab es rund 1.200 Gesetzesbeschlüsse des Bundestages. Und nur sechs davon sind am Widerstand des Bundesrates gescheitert.

In allen anderen Fällen gelang es, praktikable Lösungen zu finden. Kompromisse, die die Perspektiven von Bund und Ländern zusammenfassten und die Interessen der Bürger widerspiegelten. Im Ergebnis führt das zu einer größeren Akzeptanz gesetzgeberischer Entscheidungen.

Ich wage sogar die Behauptung, dass kein einziges der Gesetze wegen der Intervention des Bundesrates schlechter geworden ist. Das gilt auch für den Digitalpakt. Das wohl am härtesten verhandelte Vorhaben in Schleswig-Holsteins Ratspräsidentschaft. Am Ende haben sich die Länder durchgesetzt. Das ist ein Erfolg.

Der Bundesrat hat sich in den sieben Jahrzehnten seines Bestehens als Gegengewicht zu Bundesregierung und Bundestag etabliert. Die Länder kontrollieren und begrenzen. Die Länder hinterfragen und verändern Entscheidungen. Der Bundesrat ist ein Garant dafür, dass unterschiedliche Meinungen gehört werden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,
in meiner Antrittsrede habe ich gefragt, wieso wir nicht auch im Bundesrat moderne technische Möglichkeiten nutzen. Wieso wir zum Beispiel Abstimmungen nicht elektronisch durchführen, statt der Handauszählung.

Nun geht mit der heutigen Sitzung tatsächlich ein System in die Lernphase, das den Bundesrat bei seinen Abstimmungen unterstützt - ein KI-gestütztes Auszählsystem. Es basiert auf Gestenerkennung und einem selbstlernenden Algorithmus. Das System vereint somit die traditionelle Abstimmung durch Handaufheben mit neuester Technologie. Ohne, dass die Abstimmenden zusätzliche technische Hilfsmittel benutzen müssen. Der bereits gut trainierte Algorithmus lernt nun am Ernstfall - den Plenarsitzungen des Bundesrates. Um später einwandfreie Ergebnisse zu liefern.

Das ist schon eine kleine, mutige Veränderung im Bundesrat, mit der ich mich da aus dem Amt verabschieden darf.

Es passt sogar zum Motto dieser Bundesratspräsidentschaft:
"Mut verbindet".

Und dieses Motto ist vielfach zum Ausdruck gekommen.
Etwa in klaren, pro-europäischen Botschaften. Wie bei unseren Besuchen in Polen und Frankreich. In Paris haben wir das Freundschaftsabkommen zwischen französischem Senat und Bundesrat erneuert. 
Oder auch während der großen Afrika-Reise, bei der wir in Namibia der deutschen Gräueltaten gedacht haben. Und die Beziehungen Deutschlands mit Angola vertieft haben.

Wichtig war mir in meiner Amtszeit auch, Zuversicht zu verbreiten. Lust auf Politik zu machen. Wieder das Positive zu betonen, nach der Devise: Was können wir in diesem Land alles bewegen, wenn wir zusammenhalten? Wenn wir uns trauen, wieder etwas mutiger zu werden.

Der Höhepunkt meiner Zeit als Bundesratspräsident ist die Einheitsfeier am 2. und 3. Oktober in Kiel gewesen. Wir haben ein fröhliches Bürgerfest gefeiert.  
Mut verbindet – das ist auch hier das Motto gewesen. Daraus ist die Idee des „Einheitsbuddelns“ entstanden. Gemeinsam kann man mehr erreichen - daher haben wir gefragt:

Was wäre, wenn, möglichst jeder Mensch in Deutschland am 3. Oktober einen Baum pflanzen würde? Und das von jetzt an jedes Jahr.

Das gäbe in jedem Jahr einen neuen Wald für unser Klima.

Wir haben diese Tradition begründet – und Brandenburg wird das Einheitsbuddeln fortsetzen. Vielen Dank dafür!

Unzählige Bürger machen begeistert mit. So macht Politik Spaß.
Und ich finde: Politik und Verantwortung dürfen auch Spaß machen. Auch das ist mir im Jahr unserer Präsidentschaft wichtig gewesen: Ich habe mich dafür stark gemacht, dass die politische Kultur in unserem Land wieder eine andere wird. Damit die Menschen nicht die Lust und die Freude verlieren, sich politisch zu engagieren.

Dafür müssen wir in einen angemessenen Diskurs zurückfinden.
Das gilt für den politischen Streit untereinander und für die Debatte zwischen Politik und Bürgern.

Da geht es um‘s Zuhören, um Respekt vor anderen Meinungen – auch um das Aushalten anderer Meinungen.

Ich bin überzeugt, dass ein Anfang schon gemacht ist, wenn wir in der Politik weniger Kraft einsetzen, um die Fehler anderer zu suchen und deren Vorschläge reflexhaft abzulehnen.

Deshalb ist das Motto "Mut verbindet" auch ein Appell gewesen. Dafür, dass wir enger zusammenrücken. Respektvoll miteinander umgehen. Unsere Demokratie wertschätzen und die Errungenschaft von Freiheit und Rechtsstaat würdigen.

Darin liegt eine immerwährende Aufgabe aller Demokraten. Und deshalb will ich mich abschließend bei Ihnen bedanken:
Kein Bundesratspräsident, kein Ministerpräsident kann da alleine viel ausrichten.

Es braucht den gemeinsamen Einsatz für unsere Demokratie und für eine faire politische Kultur.

Sie haben mich darin unterstützt.

Ich bedanke mich herzlich für Ihre Unterstützung im zurückliegenden Jahr. Nur gemeinsam geben wir dem Bundesrat und damit dem Föderalismus ein Gesicht.

Meinem Nachfolger Dietmar Woidke wünsche ich alles Gute in seinem neuen Amt.



Stand 11.10.2019

Mehr zur Präsidentschaft:

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