Bundesrat verlangt zahlreiche Änderungen an Neufassung der TA Luft
Der Bundesrat hat der neuen Technischen Anleitung zur Reinhaltung der Luft - TA Luft am 28. Mai 2021 zugestimmt, allerdings nur unter der Bedingung von mehr als 200 Einzeländerungen am Rechtstext. Setzt die Bundesregierung diese vollständig um, kann sie die über 550 Seiten starke Verwaltungsvorschrift zum Bundesimmissionsschutzgesetz in Kraft setzen.
50.000 technische Anlagen betroffen
Die TA Luft sieht strengere Begrenzungen für den Schadstoffausstoß von solchen technischen Anlagen vor, die immissionsschutzrechtlich genehmigt werden müssen.
Sie definiert die zulässige Luftbelastung durch Ammoniak, Feinstaub oder Stickoxide sowie Höchstgrenzen für den Stickstoffniederschlag in der Umgebung einer Anlage.
Zu den rund 50.000 betroffenen Anlagen gehören Abfallbehandlungsanlagen, Fabriken der chemischen Industrie und der Metallerzeugung, Zementwerke sowie große Anlagen der Nahrungsmittelindustrie.
Neu sind Vorgaben für Anlagen, die erst seit Kurzem genehmigungsbedürftig sind - zum Beispiel Fabriken zur Herstellung von Holzpellets oder bestimmte Biogasanlagen.
Anwohnerschutz vor Geruchsbelästigung
Erstmals sieht die Verwaltungsvorschrift bundesweite Regelungen zum Schutz der Anwohnerinnen und Anwohner vor störenden Gerüchen vor. Große Tierhaltungsanlagen müssen künftig 70 Prozent der Ammoniak- und Feinstaubemissionen aus ihrer Abluft filtern. Dies betrifft Ställe mit mehr als 1.500 Mastschweinen oder mehr als 30.000 Masthühner.
Anpassung an EU-Standards
Die Neufassung soll die seit 2002 geltende Version an den Stand der Technik anpassen und zahlreiche EU-Vorgaben umsetzen.
Inkrafttreten einige Wochen nach Verkündung
Die Verwaltungsvorschrift soll im dritten Monat nach der Veröffentlichung in Kraft treten. Zuvor muss allerdings die Bundesregierung die vom Bundesrat beschlossenen Änderungen noch in die Vorschrift einpflegen. Sie entscheidet auch, ob und wie schnell dies geschieht.
Ausnahmen für Tierhaltungsanlagen gefordert
In einer begleitenden Entschließung weist der Bundesrat auf den Zeitdruck hin, der durch die EU-Vorgaben entstanden ist. Er bittet um zeitlich begrenzte Ausnahmen für Tierhaltungsanlagen, die faktisch nicht sofort nach Inkrafttreten der TA Luft in der Lage sein werden, die neuen Vorschriften umzusetzen.
Ausgleich der Zielkonflikte
Der Bundesrat würdigt in der Entschließung den wichtigen Beitrag, den die TA Luft zum Ausgleich möglicher Zielkonflikte zwischen Umwelt- und Tierschutz darstellt. Die Anpassung an den Stand der Technik begrüßt er dabei ausdrücklich - dadurch würden stickstoffsensitive Ökosysteme deutlich wirksamer vor den Einwirkungen durch gasförmiges Ammoniak geschützt.
Der Bundesrat bittet aber, die Kriterien für Tierhaltungsverfahren und -kategorien mit denen des geplanten staatlichen Tierwohlkennzeichens zu harmonisieren - die Bezugsgrößen müssten der Tierschutznutztierhaltungsverordnung entsprechen. Die Bundesregierung soll hierfür Sorge tragen, damit für Betriebe und Vollzugsbehörden vollziehbare Regelungen geschaffen werden, die den gewünschten Umbau zu tierwohlgerechten Ställen befördern. Hierfür seien die bau-, brand- und katastrophenschutzrechtlichen Rahmenbedingungen anzupassen.
Flexiblere Grenzwertbestimmungen
Zudem bittet der Bundesrat die Bundesregierung, perspektivisch eine Flexibilisierung der Grenzwertbestimmung zu prüfen. Das derzeitige Grenzwertkonzept der TA Luft in Form von Tages- und Halbstundenmittelwerten stehe im Widerspruch zu den heutigen Herausforderungen an flexible Industrieprozesse. Gerade für energieintensive Unternehmen mit stromschwankungsbedingten Spitzenemissionen seien eventuell Jahresmittelwerte besser geeignet.
Die Entschließung wurde der Bundesregierung zugeleitet. Sie entscheidet, wann sie sich damit befasst. Die Verkündung der TA Luft ist davon unabhängig.
Stand: 28.05.2021